Aussichten sind überschätzt
Residenz 2017
Mit Klugheit und Zärtlichkeit spinnt Poiarkov ihre Erzählfäden und verbindet Alltag und Geheimnis, Erinnerung und Gegenwart zu einem wunderbar zeitgenössischen Roman.
Auf einem Flohmarkt findet Luise einen Wachszylinder, mit dem vor über 100 Jahren Ton aufgezeichnet wurde. Die Beschriftung nennt ein Datum: 1903, und den 2. Bezirk in Wien, wo auch Luise wohnt.
Was sagt die ferne Stimme? Wie hören wir zu und was sind wir bereit zu verstehen?
Diese Fragen begleiten alle Figuren: Luises Lebensgefährten, den Tonarchivar Emil, der es liebt, das Knacken des Eises und das Rauschen der Straßen aufzunehmen; ihren Freund Milan, der sich in Sehnsucht zur schönen Zorica aus Novi Sad verzehrt; ihre Freundin Julia, die sich mit ihrer alkoholkranken Mutter konfrontieren muss; und den alten Josef Grasl, Luises Vater, der die Stadt auf der Suche nach den Gespenstern der Vergangenheit durchstreift.
Lesung bei den O-Tönen, MQ, Juli 2017
Presse
Sowohl die Handlung als auch die Sprache machen dieses mit trockenem, selbstironischem Humor gewürzte Romandebüt zu einem Lesevergnügen. (…) Das Thema, das Poiarkov anhand der einzelnen Figuren lebensklug veranschaulicht, macht den Sarkasmus des Titels „Aussichten sind überschätzt“ spürbar. Dennoch wirkt nichts an diesem Roman angestrengt oder konstruiert, der durch Ernsthaftigkeit und Empathie in der Figurenzeichnung überzeugt. Sebastian Gilli, Falter
Episodenartig wechseln diese Erzählungen sich ab, verweben sich schlüssig ineinander oder bleiben nebeneinander stehen, wobei die Luise-Passagen durchaus auch als Bindeglieder fungieren. Es sind vordergründig unspektakuläre Alltagssituationen, die Poiarkovs Figuren umtreiben. Doch im Hintergrund entblättern sich sehr verschiedene Lebensentwürfe. Wohnt jeder einzelnen Sequenz eine existenzielle Spannung inne, ein dramatisches Potenzial – Liebe und Tod, der Klang der Zeit – das diesen Roman auszeichnet und ihn rundum glaubwürdig macht.
Die meisten dieser eigentlich unspektakulären Ereignisse entwickeln bei Poiarkov einen Sog, dem man sich nicht so schnell entzieht.
Susanne Schaber, Ö1 Ex Libris
Poiarkov zeichnet das Bild einer Generation, für die aufgebrochene Familienstrukturen und Rollenbilder Normalität sind, die mit Sozialabbau und schlechten Berufsperspektiven zurande kommen muss (…) und in dieser krisenhaften Gemengelage der westlichen Zivilisation ihre Position zu finden versucht. Ironiesignale (…) legen sich wie ein Netz über die locker gefügten Erzählbausteine.
Evelyne Polt-Heinzl, Die Presse, Spectrum
Ein schlaues Buch mit Drive. Martin A. Hainz, Fixpoetry
Poiarkov glänzt mit einer Stimmervielfalt, schlägt verschiedene Tonlagen an, ist leise, direkt und anzüglich oder schnurrt im Wiener Idiom dahin. (…) Ein glänzender Roman voll unbekannter Töne.
Senta Wagner, Buchkultur
Poiarkov öffnet in ihrem melodiösen, von refrainartigen Sätzen durchzogenen Erzählräumen (…) überraschende Echoräume — siehe der Winternachmittag an der Wiener Donau: “Gerade liefen wieder dumpfe, sphärische Töne durch die blaue Luft, als sende jemand Signale, aus dem Weltraum oder aus dem Wasser, das unter der mit einer dünnen Schneeschicht bedeckten Eis Winterschlaf hielt.” Die Autorin spielt souverän auf der Klaviatur der Eindrücke, die sie aus der vernachlössigten Welt des Hörens heraus entwickelt. Wolfgang Paterno, Profil
Je mehr ich nachdenke, umso mehr gefällt das Buch; es fordert die Leserschaft heraus mitzudenken, mitzuarbeiten, dem eigenen hinterher zu sehen und zu hören (…). Martin Heidl, DUM
Starkes Debüt mit den Geräuschen der Welt und einem Wiener Wachszylinder in Mexiko.
Mit seiner gelungen Mischung aus gewitzter Erzählidee (…) und sprachlicher und formaler Finesse (…) ist der österreichischen Autorin trotz des Verzichts auf eine lineare Erzählchronologie das Kunststück gelungen, einen literarisch versierten und zugleich doch gut lesbaren Roman zu schreiben.
Heimo Mürzl, Wiener Zeitung
Poiarkov gelingt in ihrem Buch ein einfühlsames Porträt der Thirty-Somethings von heute. In Zeiten von Wirtschaftskrise und kollabierendem Neoliberalismus haben es viele von ihnen schwer, existenziell und ökonomisch Tritt zu fassen. (…) Poiarkov beschreibt den Alltag dieser Menschen mit Feingefühl und viel Empathie.
Günter Kaindlstorfer, SWR
im Gespräch mit Günther Kaindlstorfer, 2017
Büchereiverband Österreichs